Peter Hofelich – „Meine Meinung“: Corona stellt die Frage: Was und wer ist eigentlich ‚normal‘?

Veröffentlicht am 23.01.2022 in Standpunkte

Die Lage in unserem Land spitzt sich mehr unsichtbar denn sichtbar zu, je länger Corona andauert: Viele sind tatsächlich ‚mürbe‘.  75 Prozent Geimpfte schauen genervt auf 25 Prozent nicht oder ungenügend Geimpfte. Kinder und ihre Eltern fragen sich, warum sie den Preis für den Egoismus älterer nicht Geimpfter bezahlen sollen. Gastronomen und Einzelhändler stehen mit dem Rücken zur Wand während Büroberufe mit ‚Home Office‘ meist gut zurechtkommen und auch noch geringere Lebenshaltungskosten haben. Und bald werden sich Pflege- und Gesundheitsberufe fragen, warum sie einer Impfpflicht unterliegen, während sich das politische Verfahren für eine allgemeine Impfpflicht dahinzieht.

Schnell ist man sich einig: ‚die Politik‘ ist schuld. Wirklich?  Parteien-Konkurrenz, persönliche Eitelkeiten, föderales Potpourri und auch unterschiedliche Überzeugungen haben natürlich ihren Anteil. Aber Hand aufs Herz: Liegt es vielleicht nicht auch daran, dass in diesem Land – unzähligen Talkshows und Chats zum Trotz – 82 Millionen Menschen in Wirklichkeit nicht miteinander reden? Und schon gar nicht verständigen! Liegt es vielleicht gar daran, dass die und der ‚Staatsbürger‘ – Wutbürgern, Lifestyle-Egomanen, Ein-Themen-Demokraten zum Trotz-  in Wirklichkeit eine zurückgehende Spezies ist? Und dazu der selbstkritische Blick in den Spiegel nicht unbedingt mehr zu den Stärken vieler Landsleute gehört. Fehlen vielleicht am meisten Ordnung und Einsicht?

Dabei müssten zwei einfache Sachverhalte, die zum KItt einer freiheitlichen und sozialen Demokratie unverzichtbar sind, doch eigentlich für Ordnung und Einsicht geradezu gesetzt sein und in allen Debatten dominant und unerschrocken vertreten werden:

Erstens „Allgemeinwohl geht vor Einzelwohl‘ und zweitens ‚nicht die Gewährung, sondern die Einschränkung von Freiheit ist begründungspflichtig‘. Beides unverrückbare Säulen unserer Verfassung. Wer nicht borniert ist, wird auch erkennen, dass beides nicht gegensätzlich, sondern komplementär ist. Und vernünftig. Aber die gesellschaftliche Debatte bestimmen diese Prinzipien sicher nicht. Die Deutungshoheit schwankt eher zwischen Virologen und Schamanen.

Das hat auch etwas damit zu tun, was ich als tiefere Ursache der Konfusion ansehe: der ‚common sense‘ – wo ist er geblieben? Die Gesellschaft der Vielfalt hat den Versuch aufgegeben, für sich verbindliche Normen zu setzen. Das ‚anything goes‘ der letzten Jahrzehnte hat sich allmählich durchgewabert. Und mutiert vom Credo der linken Anti-Bürger zum Anarchismus der Kleinbürger. Mit ‚Spaziergängen‘, die keine sind.  Mit Verschwörungstheorien, die keinen Kapitalismus mehr brauchen. Mit umgedrehten Symboliken: ‚wir sind das Volk‘, die Werte entwerten. Mit Irren und Wirren, die der Nachbar über der Hecke sein können. Manchmal sage ich mir: man hätte das alles schon voraussehen können, wenn man mal vergleicht, welche obskuren Titel es in den letzten Jahren in die jährliche SWR-Hitparade geschafft haben. Aber Sarkasmus beiseite: Corona ist für all die hoch beunruhigende Unruhe ein ‚Brandbeschleuniger‘, nicht Ursache oder Ausgang.

Jenseits mehr notwendiger politischer Führung – weiß Gott kein tagespolitisches Erfordernis, Herr Merz und Herr Kretschmann - brauchen wir deshalb einen gesellschaftlichen Klärungsprozess. Was ist in der freiheitlich-sozialen Demokratie eigentlich Standard? Was ist Pflicht? Was ist Strafe? Was Belohnung? Was ist ‚Geben‘ und ‚Nehmen‘? Was ist, in diesem Sinne, ‚normal‘?  Ich habe nie verstanden, warum man solche Debatten Mitte-Rechts überließ. Natürlich: Unser Land und unser Kontinent sind vielfältiger geworden. Auch mit Werten und – eine Etage tiefer und realistischer – mit Einstellungen. Einfach wird diese Debatte deshalb erst recht nicht.  Und einengen und unterdrücken ist nicht das Motiv. Aber wir spüren doch: die Debatte um ‚Ordnung‘ muss in Deutschland und Europa geführt werden! Corona sollte dafür ein Weckruf sein!

 

"Respekt und Zusammenhalt in turbulenten Zeiten"

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"Zukunft gestalten für Salach."

Die SPD Salach hat ein Leitpunktepapier beschlossen. Darin ist aufgeschrieben, was uns für das Zusammenleben in Salach und für die weitere Entwicklung unserer Gemeinde wichtig ist. Wir verstehen die Leitpunkte als Diskussionsbeitrag. In einer Zeit, in der vieles beliebig erscheint, wollen wir Position beziehen und mit den Bürgerinnen und Bürgern über das, was uns wichtig ist, ins Gespräch kommen.

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